• Familie Gilbert

Dienstag, 7. April 2009 von Krissi

Oh man, was für ein beschissener Tag heute. Ich will nur noch ins Bett, schlafen und an nix mehr denken müssen. Hoffentlich ist morgen wieder ein besserer Tag. Bitte entschuldige Jaron, dass ich heute so mies gelaunt bin. Ich hoffe, du lässt dich von meiner Traurigkeit nicht anstecken und dir geht es gut. Bestimmt geht es dir gut mein süßer Fratz, blos wie gerne würde ich das wirklich *wissen*, und nicht nur hoffen. Deine Mama vermisst dich so und gibt dir einen dicken Schmatz auf deine Zuckerschnute.

Montag, 6. April 2009 von Krissi

Mittlerweile sind wieder ein paar Tage vergangen und schwuppsdiwupps ist schon April. Ich nehme mir schon seit einigen Tagen vor, mal wieder etwas zu schreiben, aber ich merke, wie es mir zunehmend schwerer fällt. In persönlichen Gesprächen lässt es sich halt doch leichter reden als via Internet. Außerdem ist es komisch, die letzten Wochen in ein paar Zeilen zu pressen und ich habe die Befürchtung, dass es entweder zu positiv oder zu negativ klingt. Dabei war die Zeit wirklich beides, von positiven *und* negativen Gefühlen bestimmt. Ich sage immer, Achterbahnfahren ist nix dagegen… Wir haben viel Unterstützung durch unsere Freunde und Familie erfahren, mit denen wir schöne, traurige und auch witzige Stunden verbracht haben. Ich bin wirklich froh, dass wir euch haben! Irgendwie schafft ihr es, dass ich einerseits über Jaron reden kann, was mir enorm wichtig ist. Andererseits gönnt ihr uns ein Stück Normalität, was mir ebenfalls ab und an ganz gut tut. Normalität klappt leider noch nicht auf Kommando, aber manchmal stimmt alles und ich wundere mich über mich selbst, dass ich Freude im Herz habe. Auf der anderen Seite gibt es diesen unerträglichen Schmerz, der immer wieder, zumeist unerwartet, mit voller Wucht auf mich draufhämmert. Ich sitze dann da, zwei Stunden, drei Stunden, kann nicht aufhören mit weinen. Mir wird dann so richtig bewusst, dass unser Sohn, auf den wir uns so sehr gefreut hatten, nie mehr zurückkommen wird. Jaron, den wir sehnlichst erwartet hatten, für den wir alles vorbereitet hatten. Jaron, der in meinen Augen so perfekt war, der Tobi so ähnlich war und so süß mit den Fingern „gezählt“ hat. Jaron, der bei Chello-Musik immer ganz wild im Bauch war und beim Schwimmen Beulen in meinen Bauch gedrückt hat. Mein Söhnchen Jaron. Ich habe mal irgendwo einen Spruch gelesen, der ging in etwa so: Ich habe 100 000 Tränen, die geweint werden müssen. Entweder ich weine sie jetzt oder später. Daran versuche ich mich immer zu erinnern, wenn es mir die Kehle zuschnürt und ich weinen muss. Es muss halt raus. Und ich merke, dass es mir danach besser geht. Ich danke euch für eure offenen Ohren und Herzen! Und für jeden Besuch, den Jaron mit oder ohne uns bekommt! Ich bin sicher, Jaron schaut dann glücklich auf die Erde herunter.

Montag, 23. März 2009 von Tobi & Krissi

Wir werden häufig gefragt, wie weit denn Jarons Grabkreuz schon ist. Bitte guckt mal in die Rubrik "Ruhestätte" (oder hier klicken). Da sind Fotos von den ersten handwerklichen Schritten.

Dienstag, 17. März 2009 von Krissi

Gestern waren wir das erste Mal in einer Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern. Ich war vorher ausreichend nervös, weil ich mir so überhaupt nicht vorstellen konnte, was uns erwarten würde. Es waren sowohl Paare als auch einige Frauen allein da, vielleicht so 20 Personen insgesamt. Auf dem Tisch stand eine wunderschöne selbstgemachte Kerze, auf der kleine Babyfüßchen über einen Regenbogen tapsten. Zu Beginn haben wir für jedes Sternenkind eine Kerze angezündet und den Namen und Geburts- bzw. Todestag genannt. Die meisten Eltern haben ihre Kinder in der späten Schwangerschaft oder bei bzw. kurz nach der Geburt verloren. So viele Tränen von Mamas und Papas, die ihre Kinder gehen lassen mussten. Ich musste weinen als ich die Schicksale der anderen gehört habe. Als ich dann von Jaron, Tobi und mir erzählte, war ich komischerweise ganz gefasst. Wie eine außenstehende Person, die eine Geschichte erzählt. Aber es hat gut getan, alles erzählen zu können. Wer mit mir schon mal eine Weile zusammen war weiß, dass ich irgendwann von Jaron erzählen muss. Ich kann nicht anders. So wie andere Eltern von ihren Kindern reden habe ich das Bedürfnis, von Jaron zu erzählen. Habt auch keine Angst, uns auf Jaron anzusprechen, ihr "erinnert" uns damit nicht an ihn. Wieder zurück zum Thema Selbsthilfegruppe: Anliegen des gestrigen Abends war es, eine Liste von Wünschen zusammenzustellen, wie Ärzte, Pfleger und Hebammen mit uns und unseren sterbenden bzw. toten Kindern umgehen sollten. Tobi, Jaron und ich hatten viel Glück diesbezüglich, aber die Geschichten der anderen haben gezeigt, dass es in diesem Bereich noch viel Nachholebedarf gibt. Dank der Aufklärungsarbeit der verwaisten Eltern "vor uns", hat schon ein leichtes Um- und Nachdenken in den Krankenhäusern stattgefunden. Das Gespräch zwischen Eltern und Krankenhäusern soll nun weiter fortgeführt werden, damit kein Elternpaar mehr so schlimme Erfahrungen machen muss, wie es manche in unserer Selbsthilfegruppe machten. Ich möchte einige der Wünsche an dieser Stelle aufschreiben: Wünsche verwaister Eltern an an Ärzte, Schwestern, Hebammen und das gesamte Personal in Krankenhäusern, die mit (zukünftigen) verwaisten Eltern zu tun haben: Liebe Ärzte, liebe Schwestern, schaffen Sie mit uns so viele Andenken an unsere Kinder wie möglich! Wir können nicht genügend Erinnerungen an unsere Kinder haben! Wir können die Zeit nicht mehr zurückdrehen und bereuen jede verpasste "Gelegenheit". Uns bleiben nur diese Andenken. Eine Frau meinte treffend: Bei uns wurde nur ein Fußabdruck und nur ein ein Handabdruck gemacht. Warum denn nicht beide Füße und beide Hände?! Schöne Fotos vom Baby und der Familie, ein Video, Hand- und Fußabdrücke, eine Haarlocke... Laden Sie den Krankenhausfotografen auch zu unseren Babys ein! Liebe Ärzte, liebe Schwestern, liebe Hebammen! Fragt uns nicht, was wir wollen. Fragt nicht: "Wollen sie ihr Kind noch einmal halten?", sondern geben Sie es uns! Wir sind in einer Ausnahmensituation, im Schock, wir können keine Entscheidungen treffen! Und wie wichtig es ist, dass wir unsere Kinder halten, waschen, in eigene Kleidung packen usw. fühlen wir oft erst Monate später. Zu der Trauer kommt sonst noch das Gefühl, etwas verpasst zu haben oder gar Schuldgefühle. Notfalls zwingen Sie uns all das zu tun, was andere Eltern nach der Geburt mit ihren Kindern auch tun. Keiner der Eltern in unserem Kreis hat gesagt "Dies oder das hätte ich im Nachhinein doch nicht machen wollen". Vielmehr wurde immer wieder bereut, etwas nicht getan zu haben. Liebe Ärzte, liebe Schwestern, seien Sie lieb zu unseren sterbenden oder toten Kindern. Reden Sie mit unseren Kindern, die wir so lieben, lassen Sie ihnen alle Therapien zukommen, die auch die letzten Tage für das Baby vereinfachen. Wenn das Baby tot ist, legen sie es nicht sorglos irgendwo ab. Liebe Ärzte, liebe Schwestern, informieren Sie uns über unsere Rechte und Möglichkeiten als Trauernde! Meistens überrascht uns der Tod unserer Kinder so plötzlich, dass wir uns vorher nicht über das Bestattungsgesetze informiert haben... . Sagen Sie uns, dass wir das tote Kind mit nach Hause nehmen dürfen und sagen Sie uns, wie das konkret funktioniert. Vermitteln Sie Kontakte zur Brückenhilfe, Seelsorgern, Pfarrern und/ oder Psychologen. Liebe Ärzte, liebe Schwestern, wir sind sehr dünnhäutig und verletzlich! Deshalb besorgen Sie uns bitte ein Bett auf der gynäkologischen Station statt auf der Wöchnerinnenstation. Wenn irgendwie möglich, ermöglichen Sie es, dass wir als Paar im Krankenhaus bleiben können. Das ist für uns beide wichtig! Manchmal ist es besser nichts zu sagen als sich in Floskeln ("Sie sind ja noch jung") zu verheddern, auch wenn sie lieb gemeint sind. Ein "Es tut mir leid" oder "Ich weiß nicht, was ich sagen soll" reicht meistens schon aus und alles ist gesagt. Liebe Ärzte, liebe Schwestern, seien sie ehrlich zu uns. Auch wenn wir nicht gleich nachfragen, im Nachhinein werden wir uns selbst so viele Fragen stellen, dass Ungereimtheiten immer weiter an uns nagen. Sie brauchen uns nicht vor schlimmen, traurigen oder erschreckenden Tatsachen schützen. Mit Tatsachen können wir lernen umzugehen. Aber nicht mit dem "Kopfkino", was sich ansonsten einstellt. Außerdem haben wir ein recht, alles zu erfahren, was unsere Kinder betrifft. Liebe Ärzte, liebe Schwestern, ermutigen Sie Eltern, die ein Kinder verlieren werden oder bereits verloren haben, alle Personen einzuladen, die sich von dem Baby verabschieden sollen. Dazu gehören besonders Geschwister und die Großeltern des Babys. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass Kinder sehr wohl mit dem Tod umgehen können, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt. Oftmals auf besonders reizende, fröhliche und süße Art und Weise. Schlimm ist, wenn die Mama plötzlich keinen Bauch mehr hat, das Geschwisterchen nicht mehr da ist, die Eltern traurig sind und zu allem Überfluss keiner darüber redet. Liebe Ärzte, liebe Schwestern, lassen Sie uns Zeit! Jede Sekunde, jede Stunde mit unseren Kindern ist wichtig. Wir brauchen die Zeit zum Abschied nehmen. Sagen Sie nicht nur: "Nehmen Sie sich so viel Zeit wie nötig". Wir wissen nicht, was "so viel wie nötig" bedeutet. Noch ein paar Minuten oder Stunden oder Tage? Sagen Sie uns auch, dass wir zum Beispiel "bis morgen früh" Zeit haben. In dieser Zeit, schotten Sie uns ab, dass wir nicht von der Außenwelt gestört werden. Wenn möglich, machen Sie es der Familie so gemütlich wie möglich. Gemütliche Sitzgelegenheiten, eine Kerze, Decken, vielleicht auch eine Kleinigkeit zu Essen. Wir werden es Ihnen danken, dass wir ungestört Abschied nehmen können. Das waren nun die Dinge, die uns gestern durch den Kopf gingen. Und ich habe bestimmt noch einiges vergessen (wir saßen bis etwa 24 Uhr zusammen...). Ein wirklich intensiver Abend!

Montag, 9. März 2009 von Krissi

Nachdem wir jetzt länger nichts mehr von uns hören lassen haben, möchte ich mal wieder ein paar Zeilen schreiben. In den letzten Tagen haben Tobi und ich einige Freunde und Familienmitglieder besucht, waren im Kino und haben oft Gitarre geübt. Heute geht Tobi den ersten Tag wieder arbeiten. Ich werde auch auf Arbeit vorbeischauen, offiziell beginnt meine Arbeitszeit erst am 1.4. Ich wünsche Tobi für heute ganz viel Kraft! Gefühlsmäßig geht es so, tja, naja, es geht so. Ich weine oft und regelmäßig, wenn der Schmerz wieder sehr groß ist. Wir vermissen Jaron so sehr. Ich fühle mich oft nur als "halbe Person", mir fehlt meine zweite Hälfte. Nichts ist so, wie es geplant war... eigentlich sollten wir jetzt Jaron wickeln und ich wollte ihn doch stillen... Es gibt Momente, wo es kaum auszuhalten ist mit dem Schmerz. Aber es gibt auch Momente des Glücks, des normalen Lebens, wo ich lachen und an andere Dinge denken kann. Ich denke derzeit oft an meine Zukunft, daran, was ich wirklich will in meinem Leben. Mal sehen, wohin mich meine Gedanken führen. Habe mich übrigens für einen Portrait-Malkurs an der VHS angemeldet, ein erster Schritt :)

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