• Familie Gilbert

Beppo macht's richtig

Dienstag, 24. November 2009 von Kristin

Gestern Abend waren wir zu einem Trauer- und Trostgottesdienst in der Unterkirche der Frauenkirche.

Zu Beginn sangen vier Männer, da liefen die ersten Tränen. Musik hat irgendwie einen direkten Weg in mein Herz, das ist krass.... Danach wurde die Geschichte vom Straßenfeger Beppo vorgelesen. Ab da konnte ich mich nur noch schwer halten - denn diese Geschichte hatte unsere liebe Hebamme in der letzten Stunde des Geburtsvorbereitungskurses auch vorgelesen...

So schließen sich manchmal Kreise...

Die Geschichte hat heute eine ganz besondere Bedeutung für mich, daher möchte ich einen Teil von ihr hier mit euch teilen (Aus dem Buch „Momo“ von Michael Ende):


Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich.
Man denkt, die ist so schrecklich lang;
das kann man niemals schaffen, denkt man.
Und dann fängt man an, sich zu eilen.
Und man eilt sich immer mehr.
Jedes Mal, wenn man aufblickt,
sieht man, dass es gar nicht weniger wird,
was noch vor einem liegt.

Und man strengt sich noch mehr an,
man kriegt es mit der Angst,
und zum Schluss ist man ganz außer Puste
und kann nicht mehr.

Und die Straße liegt immer noch vor einem.

So darf man es nicht machen.
Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?

Man muss nur an den nächsten Schritt denken,
an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich.
Und immer wieder nur an den nächsten.

Ich lasse mir häufig nicht genug Zeit, denke mir, ich müsste mit meiner Trauer schon "viel weiter" sein. In Foren und von anderen betroffenen Eltern weiß ich, dass wir einen Weg gehen, der nie aufhört und den man sein ganzes Leben geht. Man lernt ihn zu gehen, man MUSS ihn ja auch gehen, aber leicht wird es nie.
Ich habe mir gestern vorgenommen, nicht ganz so streng mit mir zu sein, und mir für meinen Weg alle Zeit zu nehmen, die ich brauche.

Freitag, 6. November 2009 von Kristin

Die Zeit scheint zu rasen und doch still zu stehen. So viele Fragen sind immerwieder in meinem Kopf. Hätten Jaron und ich nur fünf Minuten zusammen, ich würde ihm diese Fragen stellen. Geht es dir gut? Wo bist du? Was machst du? Und die drängende Frage: WARUM? Vielleicht würde ich auch gar keine Fragen stellen, sondern ihn einfach in meine Arme schließen.

Manchmal ist das Leben hier so vordergründig, dass ich vor allem die Warum-Frage fast vergesse, dann aber schiebt sie sich wieder nach vorn und will bedacht werden. Auch, wenn es (noch?) keine richtige Antwort auf sie gibt.

Pfarrer Werneburg - wir danken ihm dafür soo sehr! - hat sich die Mühe gemacht, seine Predigt zu Jarons Beerdigung aufzuschreiben und uns vorbeizubringen. Ich schaffe es immer nur, ein paar Zeilen zu lesen, dann hat mein Kopf wieder viel zu verarbeiten und die Buchstaben verschwimmen. Es war eine wunderschöne Predigt! Schon damals fand ich sie wunderschön, aber heute verstehe ich manche Gedanken und Worte besser. Und ich weiß, in ein paar Monaten wird sich mein Verständnis wieder verändern.

Warum? -
So fragen wir nicht nur nach dem medizinisch Erklärbaren,
sondern auch nach der Güte Gottes,
fragen nach dem Sinn des Sterbens.


Was gibt es diesen Worten noch hinzuzufügen?

Vielleicht eine Antwort? (Hieronymus 331-420):

Wir wollen nicht trauern, dass wir sie verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir sie gehabt haben, ja, auch jetzt noch beseitzen, denn wer heimkehrt zum Herrn, bleibt in der Gemeinschaft der Gottesfamilie und ist nur vorausgegangen.


Wir lieben dich, unser kleiner Engel!

Deine Mama

Donnerstag, 29. Oktober 2009 von Tobias

Wieder einmal habt ihr uns so große Freuden bereitet! Wart bei Jaron, habt sein Grab schön gemacht, habt ihm Engel und Herzchen geschenkt und Seifenblasen gemacht... und uns mit offenen Armen wieder zu Hause empfangen. DANKE!
Wir konnten letztendlich mit einem guten Gefühl in den Urlaub fahren, weil wir wussten, dass Jaron nicht allein ist. Es ist wunderbar, dass Jaron nicht nur bei uns im Herzen ist.

Ich hatte im Urlaub oft das Gefühl, Jaron begleitet uns. Er war in den Wolken, in der Luft und in unseren Gedanken. Es war ein schöner Urlaub mit viel Sonnenschein, der unseren Seelen sehr gut getan hat.



Dienstag, 29. September 2009 von Kristin

Ich bin wieder raus aus meinem Selbstmitleidsloch, puh.
Ist mir im Nachhinein etwas peinlich, aber ich sehe das mal einfach als notwendigen Schritt meiner Trauerarbeit.
Jaron, jetzt kommen wir erstmal zu dir hoch und machen deine drei Lichtlein an, bevor es ganz dunkel wird.

Mittwoch, 23. September 2009 von Kristin

Die letzten Wochen waren ziemlich stressig, sowohl durch die Arbeit als auch durch die ganzen Feierlichkeiten, die bei uns im September immer anstehen. Wir waren totzdem täglich bei Jaron, ich brauche das und mir tut es gut, bei seinem Grab zu sein. Obwohl ich weiß, dass dort "nur" sein Körper ist, denn seine kleine Seele ist sonst überall, aber oftmals spüre ich sie gerade dort oben nicht.

In drei Wochen fliegen Tobi und ich nach Florida.. einerseits freue ich mich, vor allem auf die warme Sonne dort, andererseits heißt das auch, dass wir Jaron zwei Wochen nicht besuchen können.

Die letzte Woche habe ich gemerkt, wie es mal wieder bergab ging. Ein schlimmes Gefühl, wenn man merkt, wie man langsam fällt... Diesmal hat mich die Selbsthilfegruppe wieder etwas aufgefangen. Eigentlich wollte ich gar nicht hingehen, aber Tobi hat mich dann mehr oder weniger überredet. Es ist anstrengend sich seinen eigenen Gefühlen zu stellen. Dann kommt die Sehnsucht nach Jaron in so einer Heftigkeit, dass alles andere so unwichtig wird, man nichts anderes hört oder sieht oder spürt. Einfach nur Sehnsucht und Schmerz.

Langsam rückt auch Weihnachten näher (vielleicht komisch für euch, dass ich jetzt schon an Weihnachten denke), die blöden Schoko-Weihnachtsmänner im Supermarkt erinnerten mich daran. Ich habe eine höllische Angst vor diesem Fest. Am liebsten würde ich die Tage auslassen, oder wegsein oder sie sonstwie aus dem Kalender streichen. Wenn ich nur daran denke, wie wir letztes Jahr hochschwanger Weihnachten gefeiert haben. Wir waren die glücklichsten Menschen auf Erden, Tobi konnte Jarons Tritte von außen spüren, und wir lagen manchmal Sonntags länger im Bett, Tobi mit seiner Hand auf meinem Bauch. Am 22. Dezember haben Tobi und ich uns das Jawort gegeben, es war nicht nur ein Ja für uns, sondern ein Bejahen des Lebens, ein Bejahen der Zukunft und unserer kleinen Familie.

Tobi und ich sind dieses Jahr 10 Jahre zusammen... wie sollen wir diesen Jahrestag nur feiern!?!?

Wir haben in den letzten drei Jahren so viel durchgemacht, und manchmal finde ich es einfach nur ungerecht, und ich könnte aufstampfen und "Warum wir?!!?" brüllen.
Mit Gott habe ich darüber auch schon "geredet", er hat sich da einiges anhören müssen. Aber irgendwann reicht es eben auch. Irgendwo habe ich mal gelesen, Gott legt nur so viel Last auf einen, wie man tragen kann. Hallo, du da oben, es reicht!

Oh weh, nicht sehr optimistisch meine Zeilen heute. Das musste jetzt aber auch mal sein.

Ich danke euch trotzdem fürs Lesen
Eure Krissi mit Jaron, unserer Gilbertschen Schnute, im Herzen

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