• Familie Gilbert

Leben und Sterben

Mittwoch, 1. Juni 2011 von Kristin

Worüber ich zur Zeit nachdenke...

Vor zwei Wochen ist Tobis Großmutti gestorben. Sie hatte ein, insofern ich das beurteilen kann, erfülltes Leben. Fünf, eigentlich sechs Kinder, und Musik war der \"Grundton ihres Lebens\", um es mit den Worten des Pfarrers auszudrücken.
Großmutti wurde fast neben Jaron beerdigt.
Jetzt fällt es mir sehr schwer, Worte für die Gefühle zu finden, die derzeit in mir wühlen: Traurigkeit, Erleichterung, Freude, Demut...
Jaron ist nicht allein. Er hat eine ganz liebe Person bei sich.
Die Beisetzung fand ich wunderbar - getragen von Musik wurde Großmutti verabschiedet. Ich weiß, es hätte ihr gefallen und sie hätte ihr typisches Großmutti-Lächeln gehabt, welches sie bis zum Schluss lächelte, wenn sie auf Menschen traf.

In Gedanken war ich während Großmuttis Beerdigung natürlich oft zwei Gräber weiter - bei meinem Kind.

Ich denke, die beiden sind nun zusammen. Und da Jaron auch Musik mochte (da ging es immer rund im Bauch :-) ) denke ich, werden die beiden sich gut verstehen.

Grußmutti hat auch ein Kind kurz nach der Geburt verloren. Die beiden haben sich bestimmt schon wieder in die Arme schließen können. Trotz ihrer Demenz konnte sie sich sofort an ihr Mädchen erinnern, als wir ihr von Jaron erzählten.

Großmutti ist sowas wie ein Vorbild für mich: Sie hatte ein glückliches Leben. Sicher nicht immer rosarot (wer hat das schon?!), aber trotzdem glücklich. Nun ist sie angekommen, wo ihr Kind, aber auch ihre Eltern, die sie immer stark vermisste, bestimmt schon auf sie gewartet haben.

Wie das eigene Leben ist, erkennt man erst im Rückblick. Alle Höhen und Tiefen eines Lebens verschwimmen dann zu einem Gesamtbild.. Ob man in den Alpen gelebt hat oder an der See, stellt sich erst dann heraus. Ich glaube, ich lebe im Himalaya-Gebirge :-) Ich habe schon tiefe Täler erlebt, aber auch wunderbare Höhen... Die Hochzeit mir Jaron im Bauch, der Augenblick, als Jaron geboren wurde, als ich Valentin das erste Mal im Arm hielt -- das waren solche K2-Ereignisse. Niemals möchte ich diese missen. Dafür danke ich Gott.
Dass ich die Täler überlebt habe, habe ich mehreren \"Sicherungsseilen\" zu verdanken: Meiner Familie, meinen Freunden, meinem Glauben daran, dass Jaron im Himmel in guten Händen ist..

Jetzt wird es philosophisch, deshalb höre ich mal lieber auf zu schreiben...

Mittwoch, 4. Mail 2011 von Kristin

Vor ein paar Tagen kam ein Brief von der Uniklinik, ein Fragebogen zum Tod und Sterben unseres Kindes.
\"Waren Sie dabei, als ihr Kind starb?"
"Haben Sie es in den Armen gehalten?\"
\"Was hätten Sie sich anders gewünscht?\"

Und da war es wieder - Flashback zu den Tagen, als Jaron bei uns war. Habe geheult, meine Kreuze gesetzt, den Brief abgeschickt... und wieder einmal tat es gut, den Tränen ihren Lauf zu lassen. Ich bin gespannt und hoffe von ganzem Herzen, dass die \"neuen Mamas\" genauso gut Abschied nehmen können wie wir.. wir hatten echt Glück! Und dennoch gibt es zwei-drei Sachen, die man verbessern könnte.

Ich habe viel Kraft geschöpft - besonders durch die neugewonnen Freundschaften und die Selbsthilfegruppe - vielleicht ist es jetzt an der Zeit, etwas von dieser Kraft weiterzugeben... in meinem Kopf arbeitet es, in welcher Form das sein könnte.

Dienstag, 5. April 2011 von Kristin

Zur Zeit geht es mir gut. Und ich bin sooo froh, das sagen zu können! Ich habe das Gefühl, Jaron ist ganz nah bei mir - obwohl er so weit weg ist. Er ist immer an meiner Seite. Ich kann zur Zeit an ihn denken, ohne dass die Trauer mich jedes Mal übermannt. Dafür bin ich glücklich und dankbar, dass er da war.  Er hat uns so verändert, dieser kleine Mensch! Wenige Tage haben uns verändert, das ist kaum zu begreifen. Manchmal möchte ich gern die Krissi sein, die ich vor Jarons Tod war, ich wäre gern ein wenig unbeschwerter, hätte gern mehr Vertrauen in die Welt. Dieses Vertrauen ist noch nicht wieder da. Dann aber merke ich, dass die jetzige Krissi und mein Leben, so wie es jetzt ist, auch OK ist. Mit Jaron, nur eben nicht bei uns auf Erden.



Das Foto zeigt, wie ich es mir vorstelle, wie Jaron über uns und seinem Bruder schebt - unser kleiner lieber Schmetterling!

Am Wochenende habe ich Jarons Grab neu bepflanzt, mit blauen und weißen Blümchen. Sieht aus wie Himmel und Wolken :-)

Freitag, 11. März 2011 von Kristin

Liebster Sohnemann,

du bist toll! Der beste große Sohn, den man haben kann! Wir wissen zwar nicht, wie du es gemacht hast, aber wir sind soooo froh, dass Papa noch hier ist. Als ich das Auto gesehen habe, kam mir ein ganz befremdlicher - aber auch heilsamer - Gedanke: Du möchtest noch nicht mit uns zusammen sein. Dir geht es gut!
Hättest du Papa bei dir haben wollen, hättest du es tun können...

Mein Liebling, es ist so schwer hier ohne dich. Die Tage ziehen vorbei, das Leben geht weiter - und du fehlst, fehlst, fehlst.
Ich weiß, dass wir wieder zusammen sein werden - bis dahin verlasse ich mich auf mein Gefühl, dass du jetzt dort, wo du bist, gut aufgehoben bist.

Hast du schon unser neues Auto gesehen?? Und das Nummernschild? ;-)

Habe dich ganz doll lieb.

Deine Mama

Mein persönlicher Schutzengel

Montag, 28. Februar 2011 von Tobias

Danke, dass du heute auf mich aufgepasst hast, lieber Jaron. Ich weiß nicht, wie du das gemacht hast, aber mir ist fast nichts passiert! Bin nochmal mit dem Schrecken davongekommen.
Wir haben uns heute sehr gefreut, uns gesund und munter in die Arme schließen zu können.
Vielen Dank - tausend Küsschen für Dich!

Seite   1   2   3   [4]